Ich heiße Sabine T. und bin am 16.08.1957 in Caputh, Kreis Potsdam geboren als Sabine Müller. Nach Heimaufenthalten wurde ich im Juli 1962 adoptiert. Vorweg sei gesagt, dass ich eine sehr schöne Kindheit, Jugendzeit und auch im weiteren Leben eine schöne Zeit mit meinen Adoptiveltern hatte. Es kam nie der Wunsch nach dem „woher ich komme“ auf. Beide Elternteile leben nun schon lange nicht mehr und auch nach deren Tod kam die Frage noch nicht auf.

Erst mit einer Berichterstattung durch das Fernsehen, zu den so genannten Zwangsadoptionen in der DDR, in dem es um Familien ging, wo mehrere Kinder im Spiel waren (in der Regel bei den Darstellungen um drei Kinder) und das adoptierte Kind eine neue Identität erfuhr. Ich sagte nur beiläufig zu meinem Mann, dass ich froh bin, kein Kind einer Zwangsadoption zu sein, denn ich heiße ja nach wie vor Sabine. Mein Mann sagte aber, es sei doch komisch, denn Du bist auch eines von drei Kindern. Ich fand das gar nicht komisch, denn von Geschwistern hatte ich keine Ahnung. Als er mir einen Gesundheitsschein von meiner Person zeigte, den er in alten Unterlagen meiner Eltern fand, war ich erst einmal sprachlos. Auf diesem Zettel stand, dass ich noch zwei Geschwister hätte, von denen ich bis zu meinem 43sten Lebensjahr nichts wusste. Im Alter von 11 Jahren erfuhr ich bereits, dass ich adoptiert wurde. Schuld an diesem Umstand waren permanente Aussagen aus einem Kindermund, dass ich keine richtigen Eltern habe.

Meine Eltern haben sich deswegen entschieden, mir dann von der Adoption zu erzählen und die dazugehörigen Unterlagen gaben sie mir zu meiner Jugendweihe. Zwei Wochen nach der besagten Sendung, als ich diese Nachricht verarbeitet hatte, entschied ich mich zur Suche bzw. zur Klärung der Frage: „Was habe ich – Bruder oder Schwester?“ Die zuständige Adoptionsvermittlungsstelle erhielt den Auftrag nach der Suche. Dieses geschah im Mai 2001.

Im Mai 2002 erhielt ich letztmalig ein Schreiben dieser Stelle mit dem unbefriedigendem Ergebnis, dass es keine Unterlagen gibt, die Geschwister nachweisen. Ergänzend muss ich sagen, dass es überhaupt keine Unterlagen zu meiner Adoption mehr gab. Danach war es bis zum 30.12.2003 ruhig um die Suche. An diesem Tag erfuhr ich durch meine Tochter Sandra, die ebenfalls bei der Suche aktiv war, wovon ich jedoch nicht wusste, dass wir Post erhalten haben und sie meine leibliche Mutter gefunden hätte. Das war für mich ein Schock, weil diese Frau eigentlich tot gesagt wurde und das mein ganzes Leben lang. Wenige Wochen später feierte Sabine Wiedersehen mit ihrem jüngeren Bruder Michael, mit dem sie als Kleinkind das Bett geteilt hatte.

Autor: Sabine T.

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